Das Geschäft mit Potenzstörungen und erektiler Dysfunktion

Impotenz – Eine rein körperliche Störung?

Neue Pille? Neue Krankheit! Gutes Geschäft!

Seit Einführung der ersten hochwirksamen synthetischen und ausschließlich symptomatisch wirkenden Potenzmittel im Jahr 1998 gilt Impotenz bzw. die Potenzstörung – und die von der Pharmaindustrie dazu neu erfundene Diagnose „Erektile Dysfunktion“ – als Krankheit des Mannes. Doch ist er wirklich krank? Und wenn ja, wo genau ist er erkrankt oder aus dem Gleichgewicht geraten? Nur im Körper? Und/oder (auch) auf der Ebene der Gedanken, Vorstellungen und leistungsbetonten Erwartungshaltungen sowie durch sie ausgelöste negative Gefühle?

Der Begriff Impotenz verschwand bald nach der Markteinführung des Medikaments aus dem medizinischen Sprachgebrauch und wurde durch das sehr wissenschaftlich und medizinisch klingende Diagnoseetikett „erektile Dysfunktion“ abgelöst. Ein Schelm, der dabei böses denkt!

Medikamentöse Verdrängung ist für die viele Betroffenen scheinbar der leichte, einfache und bequemste Weg, Potenzstörungen zu eliminieren. Klar, man schluckt eine chemische Pille und schon steht er wieder (seinen Mann). Doch das hat Konsequenzen – wie oben erwähnt – und wie beispielsweise die phantastische, ein wenig skurrile holländische Videodokumentation „Erectionman“ von Michael Schaap aufzeigt. (→ Nachtrag: Leider nur noch als Trailer kostenfrei erhältlich, sonst als Kauf-DVD)

© 2009 SUBMARINE PRODUCTION in Koproduktion mit VPRO und ZDF, in Zusammenarbeit mit ARTE
Trailer „Erectionman/Viagraman“ von Regisseur Michael Schaap auf Youtube

Körperliche Nebenwirkungen & fremdbestimmter Geist im Leistungsdruck

Die synthetischen Potenzmittel haben neben dem der Einfachheit in der Anwendung und dem symptomatischen Nutzen vor allem zwei entscheidende Haken:

Nebenwirkung bis in den Tod

Einmal die teils massiven „Nebenwirkungen“, die heruntergespielt werden: Beispielsweise Schläfrigkeit, Kopfschmerzen, Tinnitus/Hörsturz, Sehstörungen bis zu Netzhautblutungen, Gesichtsfelddefekten und Glaukom (grüner Star). Weiterhin Nasenbluten, Schnupfen und Bindehautentzündung, Übelkeit und Verdauungsstörungen, schmerzhafte Dauererektionen sowie Herz-Kreislaufstörungen wie Blutdruckschwankungen, Schwindel, Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Herzrasen, bis zu den Extremen Ohnmacht, Krampfanfälle, Schlaganfall, Herzinfarkt mit plötzlichem Herztod bei bereits bestehendem Herzleiden und viele andere mehr (Quelle: Gelbe Liste/NW zu Sildenafil). Das unabhängige arznei-telegramm veröffentlichte einen Artikel im März 2000 unter der Headline: VERSCHLEIERT: VIELE TOTE IN VERBINDUNG MIT SILDENAFIL (VIAGRA). Und Spiegel Online titelte im Sept. 2001: Mit Viagra in den Tod. Männer mit bestehenden Gefäß- und Herzproblemen sollten sich vor Einnahme eines solchen Mittels dringend erstmal kardiologisch durchchecken lassen! Sex kann u.U. das geschwächte Herz überanstrengen!!!

Synthetische Potenz führt den Geist durch Selbsttäuschung in die Abhängigkeit!

Der andere Aspekt betrifft die seelisch-geistige Ebene: Chemische und synthetische Potenzmittel zur Symptomverdrängung begrenzen den Geist und machen ihn fremdbestimmt, bequem und unfrei!

Heute sind viele Männer von Potenzpillen-Lifestyle-Drogen mental abhängig und „können“ (oder wollen?) gar nicht mehr ohne. Unterstützt wird diese mentale Fixierung noch dadurch, dass Sexualität analog zum steigenden Leistungszwang in unserer Gesellschaft immer mehr zum egomanen Vollzug einer zu erbringenden Leistung unter hohem, stresserzeugendem Erwartungsdruck verkommt. Dazu kommt untergründig der natürliche genetisch und biologisch bedingte Überlebensdruck zur Fortpflanzung, der bei Männern offensichtlich einen weit größeren Druck auf Körper und Geist ausübt als bei Frauen. Und dies noch in Kombination mit der medial transportierten Überbewertung der Sexualität und einer unterentwickelten geistige Kontrolle dieses biologisch-tierischen Triebes. Wer ist hier der Herr im Hause: Ich, der Trieb in mir oder der Stressreiz, den ich subjektiv wahrnehme und zur (anhaltenden) Belastung wird?

Zusätzlich angefeuert wird das noch durch die massive Verbreitung industrieller Pornographie im Internet, welche die Erwartungshaltung bezüglich der oft genug mit Liebe und wärmender Zuwendung verwechselten Sexualität tief und nachhaltig ins Mentale einbrennt und die Wahrnehmung „pornographisch einfärbt“. Der Pornodarsteller als Vorbild der sexuellen Erfahrung und leistungsbezogenen Messlatte im wahrsten Sinne des Wortes!

Noch ein Video über das Thema

Im unten eingestellten Video (knapp 86 min.) begleitet Autorin Chiara Sambucci in ihrer Doku das intime Leben unterschiedlicher Männer, die regelmäßig Potenzmittel einnehmen. Sie beschreibt die Hoffnungen, Erfolge aber auch die Missverständnisse und unerreichbaren Erwartungen, die mit den Mitteln verbunden sind.Wie viele Unsicherheiten, Ängste und Fantasien vertuscht die blaue Pille? Was bedeutet es, wenn selbst im Privatesten nur die „Leistung“ zählt? Kann Viagra ein „Scheitern“ verhindern, oder fördert es am Ende vielleicht doch bei manchen die Einsicht, wie attraktiv „Schwäche“ und das Unvollkommene doch sein können?

Psychische  und organische Ursachen für Potenzstörungen

Wertende Gedanken dominieren unseren Körper! Und wenn der Geist von Angst und negativem Stress beherrscht ist, werden Körperfunktionen gestört!

Ungelöste Partnerschaftskonflikte sind wohl – neben dem oben erwähnten Leistungsdruck – häufige Ursache für Potenzstörungen, wobei es hier nicht direkt um rein sexuelle Bedürfnisse gehen muss. Emotionale Unreife, unförderliche Kommunikation, das Nichterkennen bzw. das Nichtanerkennen der eigenen Bedürfnisse und/oder der des Partners, unrealistische Vorstellungen und Erwartungen an den Partner bzw. an die Beziehung und ein Übermaß an Alltagsroutine mit einem „nur-noch-nebeneinanderher-funktionieren“ können zu teils großen inneren Konflikten führen, die ungelöst – also vermieden, unausgesprochen, verdrängt, wegrationalisiert, in Alkohol oder Aktionismus betäubt usw. – über die enge Vernetzung von Gehirn und wertendem Verstand mit Gefühlen und körperlichen Regulationen viel Wirbel im System Mensch und Mann verursachen können.

Nicht selten wirken Impotenz verursachend latente (Versagens-)Ängste und Minderwertigkeitsgefühle – oft auch kombiniert mit Leistungsdruck – in Männern, die oft genug mental verdrängt und durch materielle wie intellektuelle Ausdrücke von „Stärke“ wegkompensiert werden – wie z.B. dickes, schnelles Auto und sonstige sichtbaren Statussymbole, Machtstreben, Machogehabe, muskuär auftrainiert, aggressives Verhalten oder mentale Überheblichkeit, Arroganz, Klugscheißerei, gespielte Selbstsicherheit, positives Denken als symptomatisch angewandte Technik der Verdrängung und Rationalisierung etc.

Weiterhin können depressive Verstimmungen (negative Gedanken erzeugen negative Stimmungen) bzw. Depressionen zu Störungen der Potenz und der Libido führen. Auch sind anhaltende berufliche Überlastung und Überarbeitung gewichtige potenzreduzierende Stressreize und können in Erschöpfung bis zum Burnout münden, und sind fast immer von depressiven Prozessen begleitet, die ihrerseits negativ einwirken.

Das alles erzeugt aufgrund des Ungelöstseins im Geist erneut negativen Stress – je länger anhaltend, umso mehr – und das Nicht-Versagen-Wollen und die Angst zu versagen ist bei dem inneren Druck im Mann quasi vorprogrammiert! Angst macht eng – auch verdrängte Angst – und beeinflusst über die emotionalen Reizverarbeitungszentren im Gehirn das Denken und Bewerten der realen Situation. Das kann zu unförderlichen Lösungsversuchen führen, die dann zusammen mit weiteren stressbesetzten Bewertungen des Verstandes wiederum die körperlichen Regulationssysteme beeinflussen, wie das den Blutfluss und die Blutgefäße steuernde Nervensystem sowie das Hormonsystem! Natürlich geht die Feedbackschleife auch andersherum: Störungen der körperlichen Sexualfunktion triggern wiederum Gedanken-/Wertungs- und Gefühlsebene negativ. Ein Teufelskreis entsteht.

Organische Faktoren können zusätzlich mit den psychischen Auslösern kombiniert sein: Nachgewiesene arteriosklerotische Prozesse („Gefäßverkalkung/-verschlackung/-verklebung“) – meist in Kombination mit hohem Alter, Bluthochdruck, dauerhaft hohem Cholesterinspiegel und gefäßbedingten Herzbeschwerden. Weiterhin Diabetes mellitus, Operationen im Beckenbereich/Prostata-OP, Schädigung der zuleitenden Nerven, Gewebs- oder Gefäßschädigung im Schwellkörper selbst, oder auch Hormonstörungen. Auch an Nikotin-, Alkohol- und Drogenmissbrauch sollte gedacht werden!

Mein Fazit

Als Heilpraktiker, Homöopath, psychologischer Berater und Achtsamkeitstrainer in München kann ich chemisch-künstliche Potenzsteigerung als massiven Eingriff und Fremdsteuerung des Organismus samt Nebenwirkungen nicht befürworten, da meines Erachtens in vielen Fällen primär eine seelisch-geistige Herausforderung hinter Impotenz (oder „erektiler Dysfunktion“) steckt: Oft genug ein unförderlicher Umgang mit Emotionen und Gedanken, Beziehungsschwierigkeiten, Stress und Leistungsdruck bzw. überzogene, unrealistische Leistungserwartungen an sich selbst!

Wir Männer sind weit mehr als nur biochemische Körpermaschinen, wir sind auch empfindsame, fühlende, denkende und die Realität sehr unterschiedlich interpretierende, bewertende Wesen. Das Symptom der Impotenz oder erektilen Dysfunktion ist daher oft genug nur ein Hinweis über den Körper auf einen hintergründigen, seelisch-geistigen Konflikt. Potenzpillen lösen den nicht, sondern verdrängen ihn nur weiter aus der Wahrnehmung. Die Behandlung findet somit auf der unpassenden Ebene statt.

©2013, aktualisiert 01.03.19 Heilpraktiker Dieter Wolf, München – Ganzheitliche Gesundheitsberatung – Achtsamkeitstraining, Atemarbeit & Meditation – Psychologische Beratung, Klassische Homöopathie & Psychosomatik