Vegetatives Nervensystem – Teil 2

Vegetatives Nervensystem zwischen Harmonie und Disharmonie – Sympathikus, Parasympathikus & Bauchhirn

Unser vegetatives Nervensystem als Ganzes gliedert sich anatomisch und funktionell in drei Anteile, die im Gesunden harmonisch zusammenwirken! Und um diese speziell geht es hier im zweiten Teil des Artikels über das Vegetativum: Das energiesteigernde Sympathikus-Nervengeflecht („Leistungs-Nerv“), der energiespeichernde Parasympathikus („Erholungs-Nerv“) sowie – nur kurz angerissen – das darmassoziierte (enterische) Nervensystem, auch „Bauchhirn“ genannt.

Vegetatives Nervensystem - das Bild zeigt Sympathikus und Parasympathikus und ihre antagonistische Wirkung auf die Zielorgane
Vegetatives Nervensystem: Sympathikus & Parasympathikus & ihre antagonistische Wirkung auf die Zielorgane
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Erst einführenden Artikel über allgemein Grundlegendes, Stressbezug, Diagnose-Wirrwarr, Selbsthilfe- und Therapiemöglichkeiten lesen:

„Vegetatives Nervensystem – Teil 1“

Unterstehend  beschreibe ich in der Auflistung zuerst die jeweiligen natürlichen Wirkungen von Sympathikus und Parasympathikus, dahinter benenne ich mögliche Empfindungen, Symptome, Störungen bzw. Diagnosen. Eine Störung in der Regulation dieser autonomen Anteile kann aufgrund einer starken Gegenreaktion bzw. Überfunktion oder Dominanz des einen über den anderen zu einer schier unübersehbaren Zahl vegetativer Symptome und funktioneller Beschwerden führen.

Dabei bezeichnet eine Sympathikotonie eine Gleichgewichtsverschiebung zugunsten des Sympathikusgeflechts und damit eine Sympathikus-Dominanz. Eine Parasympathikotonie bzw. auch Vagotonie genannt bezeichnet eine Gleichgewichtsverschiebung zugunsten der Dominanz des Parasympathikus bzw. Vagusnervs. Letztgenannter ist der wichtigste Anteil des Parasympathikusgeflechts.

1. Der Sympathikus – Vegetatives Nervensystem in „Action“ oder „Alarmmodus“

…was insgesamt schnell energiesteigernd und pushend auf den Organismus einwirkt: „Anspannung, Leistung bringen, Sport treiben, Action, Jagen, Angreifen, Kämpfen oder Flüchten“, aktive Stressreaktion im Umgang mit Herausforderungen, Belastungen sowie Alarmbereitschaft in Notfällen ist sein regulatives Hauptprogramm! Doch auch hier gibt´s ein paar wenige Ausnahmen, in denen der Sympathikus Organfunktionen nicht pusht, sondern reduziert, was nicht beim Sporteln oder im Alarmzustand gebraucht wird.

Der Sympathikus stellt den Stoffwechsel ganz Allgemein in Richtung Katabolismus und Dissimilation: Das heißt, er setzt alle zur Stressreaktion benötigten Energiereserven zur Herstellung der vollen Leistungsbereitschaft des Körpers frei. Glykogen-Energiespeicher, die als Speicherform der Glukose (Zucker) vor allem in Leber- und Muskelzellen liegen, werden abgebaut bzw. geleert. Wenn diese leer sind und nicht ständig schnell verwertbarer Nachschub an Kohlenhydraten über die Nahrung kommt, werden andere Stoffe wie Fette oder Eiweiße zum „Brennstoff“ Glukose umgebaut, damit ein ständiger Pool davon im Blut für alle aktiven Zellen vorhanden ist. Im Einzelnen:

Der Sympathikus stellt zur Stressreaktion aufputschende Hormone und Energiereserven bereit. Ist er ständig aktiviert, sind wir ständig angespannt und die Energiespeicher leeren sich schnell!

Sympathikus, seine Wirkung auf Organe & Symptome der Überfunktion:

  • Der aktive Sympathikus regt in der Nebenniere – genauer im Nebennierenmark – die Adrenalin- und Noradrenalinproduktion an. Der Volksmund nennt sie auch Stresshormone oder Aggressionshormone (→ Symptome: Blutdrucksteigerung, teils begleitet von Unruhe oder Angstgefühl, Schwitzen, Kopfschmerz, Herzklopfen, Herzrasen)
  • Er erhöht direkt die Schilddrüsen-Durchblutung und führt indirekt bei länger anhaltender Sympathikotonie zu einer Steigerung der Schilddrüsen-Hormonsekretion und pusht damit die Stoffwechselgeschwindigkeit. Er hemmt die Insulinsekretion der Bauchspeicheldrüse und fördert damit die Glukosebereitstellung im Blut. So bekommen alle benötigten Zellen für Kampf oder Flucht genug „Brennstoff“ (→ Symptome: Indirekt funktionelle Hyperthyreose aufgrund erhöhter Sympathikusdominanz / erhöhte Anzahl von Schilddrüsenhormonen im Blut; erniedrigte Insulinwerte und erhöhte Blutzuckerwerte; vermehrte Nervosität, Ruhelosigkeit, Zappeligkeit, aufgedreht sein, Gereiztheit, häufiger Hunger, Herzklopfen, Zittern, Schlafstörungen; auf Dauer Gewichtsverlust…)
  • Erhöht die Körperkerntemperatur (→ Symptome: Hitzeempfindung, Fieber, evtl. Schwitzen als Kühlungsversuch).
  • Stellt die Pupille weit, um – die Herausforderung, oder Bedrohung – besser zu sehen (→ Symptome: Lichtempfindlichkeit, groß wirkende Augen durch weite Pupillenöffnung / Mydriasis), und er stellt das Auge in die Weite scharf (→ Symptome: Weitsichtigkeit / Hyperopie / sieht in der Ferne besser, nahe liegendes wird unscharf)
  • Steigert die Herztätigkeit, die Kreislaufgeschwindigkeit und den Blutdruck (→ Symptome: Beschleunigter, teils voller oder harter Puls, Herzklopfen bis Herzrasen, Bluthochdruck / arterielle Hypertonie, Kopfschmerz, innerlich wie unter Dampf oder Druck bzw. Empfindung, als ob man innerlich rennt, obwohl man sitzt oder liegt, Schlafstörungen…)
  • Fördert die Durchblutung der Skelettmuskeln und steigert deren Reflexbereitschaft und Tonus (→ Symptome: Verspannungen, Krämpfe, Muskelhartspann, Zuckungen, Rückenschmerzen, Ischialgie, LWS-Syndrom / Lumbalgie / Hexenschuss, Bandscheibenvorfall, Spannungskopfschmerz, Nackenschmerzen / HWS-Syndrom usw.)
  • Verengt die Blutgefäße der Haut und stellt die Haare auf: Wer kämpft oder flieht, braucht sauerstoff- und nährstoffreiches Blut im Gehirn, in der Lunge, im Herzmuskel und in den Skelettmuskeln (→ Symptome: Gänsehaut, Frieren, Frösteln, Schaudern, kalte Haut, Haut-Durchblutungsstörungen / bläuliche Haut…)
  • Er erweitert die Bronchien, reduziert und verflüssigt deren Schleimproduktion, flacht den Atem ab (Atmung wird oberflächlicher) und erhöht die Atemfrequenz: Wer kämpft oder flieht, braucht mehr Sauerstoff (→ Symptome: Beschleunigte Atemfrequenz, Atemlosigkeit, nach Luft schnappen müssen, Hyperventilation…)
  • Fördert die Schweißsekretion: Wer kämpft oder flieht erhitzt sich und muss sich besser kühlen (→ Symptome: Schwitzen [teils im Wechsel mit Frösteln wg. Engstellung Haut-Blutgefäße], Schweißausbrüche, Nachtschweiß…)
  • Der Sympathikus stimuliert in der Endphase der sexuellen Interaktion den Orgasmus bei Mann und Frau (→ Herztätigkeit und Puls steigt an, Blutdruck steigt, Muskeltonus erhöht sich, Atmung wird schneller und flacher, Schweiß kann auftreten), und die Ejakulation beim Mann. In der Anfangsphase übernimmt der Parasympathikus die Erektion.

Hemmende Wirkungen des Sympathikus…

…zielen beispielsweise auf die Verdauungs- und Ausscheidungsorgane, die vom Sympathikus in ihrer Durchblutung reduziert und in der Funktion gehemmt werden, da sie nicht für Kampf oder Flucht vonnöten sind. Im Gegenteil, dies wäre offensichtlich sehr hinderlich. Was unter anderem geschieht:

  • Der Sympathikus vermindert die verdauungsfördernde Speichelsekretion im Mund (→ Symptome: Wenig bis zäher, klebriger Speichel oder gar trockener Mund)
  • Er unterdrückt die Blasen-, Gallenblasen- und Darmfunktion bzw. deren muskuläre Peristaltik und Sekretion: Wer kämpft oder flieht, will nicht an Verdauung und Ausscheidung denken müssen (→ Symptome: Probleme mit Wasserlassen, geringe Urinmenge; Verdauungsstörungen aller Art wie beispielsweise trockener und harter Stuhl, schmerzhafte oder schmerzlose Verstopfung, Meteorismus / aufgetriebener Bauch / Blähungen…)
    • Wisse: Die Symptome „Durchfall bei Stress oder Angst“ (Dünn-„Schiss“) und sich im Angesicht einer wahrgenommenen Bedrohung „vor Angst in die Hose machen“ (Stuhl, Urin) sind eine schlagartige Gegenreaktion des Parasympathikus – eine Art wildes hin und her schlagen des vegetativen Pendels – im ansonsten sympathikotonen Zustand.
  • Auch das Immunsystem in seiner inneren Abwehrfunktion wird – v.a bei längerer Sympathikus-Aktivierung – direkt und indirekt ausgebremst: Wer ständig kämpft oder flieht, hat es mit äußeren „Feinden“ zu tun und wenig Zeit für „Innenwelt-Hygiene“ (→ Symptome: Erkältungsneigung / gehäuft Schnupfen, Infekte etc. infolge Immunschwäche). Doppelt schlecht: Hier wirkt bei chronischem Stress zusätzlich noch das in der Nebennierenrinde ausgeschüttete Hormon Cortisol stark unterdrückend aufs Abwehrsystem ein.

Aktiv & lebendig – Der Sympathikotoniker

Einen tendenziell nervösen, angespannten, ruhelosen und hibbeligen Typen nennt man auch Sympathikotoniker
Die Reaktion des Sympathikus lässt uns aktiv und lebendig werden. In seiner Überreaktion – Sympathikotonus genannt – erröten wir leicht, werden unruhig, nervös und zappelig, die Hände zittern, werden feucht und schweißig, der Blutdruck steigt, der Puls rast, es läuft uns mitunter kalt den Rücken runter. Wir haben tendenziell ein verringertes Schlafbedürfnis, liegen abends länger wach, können nicht einschlafen oder haben öfters Schlafstörungen.

Einem Menschen, dem dies immer wieder geschieht, nennt man Sympathikotoniker. Er befindet sich häufig in einer mehr oder weniger überzogenen Reaktionslage des Sympathikus („Fight or Flight“), welcher über den Parasympathikus dominiert. Er hat schnelle Reaktionen und Reflexe, wirkt etwas hektisch, nervös, aufgedreht und angespannt. Er empfindet sich vielleicht innerlich, als ob er laufen würde und äußerlich wirkt er wie „unter Dampf“. Er ist wie ein Auto, das auf Vollgas läuft und nicht (freiwillig) zur Ruhe kommen kann.

2. Der Parasympathikus – Vegetatives Nervensystem im „ruhigen, verdauungsfreundlichen Normalmodus“…

…ist voll und ganz auf Nährstoffaufnahme, Energiespeicherung, Aufbauprozesse, Regeneration und Erholung des Gesamtorganismus ausgerichtet: „Verdauen, Verdauen, Verdauen, Ausscheiden, Entspannen, Chillen, Ruhen, Regenerieren und Akkus aufladen“ ist sein regulatives Hauptprogramm!

Der Parasympathikus bzw. Vagus stellt den Stoffwechsel in Richtung Anabolismus und Assimilation: Fremde Stoffe und Energie aus der Umwelt werden in Körpereigenes umgebaut und zur Bereitstellung für kommende Aktivitäten eingelagert. Der Parasympathikus dient hierbei der Entspannung aller vorher aktiven, angespannten und auf Energiebereitstellung eingestellten Zellen. Er fördert den Aufbau körpereigener Reserven, die Aufladung der Zellen mit Energie und Lebenskraft, den Neuaufbau von verbrauchtem Gewebe sowie den Abtransport und die Ausscheidung von aggressiven, giftigen, verbrauchten und energieleeren Substanzen.

Der Parasympathikus bremst die Stresshormon-Ausschüttung und füllt die geleerten Energiespeicher nach erfolgter Stressreaktion wieder auf. Aber nur, wenn wir ihm Zeit genug dazu lassen!

Parasympathikus / Vagus: Seine Wirkung auf Organe & Symptome der relativen Überfunktion

  • Der Parasympathikus hemmt in den Nebennieren die Adrenalin- und Noradrenalinausschüttung, die vom Sympathikus hochgefahren wurde. (→ Symptome: ???)
  • Er hemmt direkt die Schilddrüsen-Durchblutung und führt indirekt bei länger anhaltender Parasympathikotonie bzw. Vagotonie zu einer Senkung der Schilddrüsen-Hormonsekretion und reduziert damit die Stoffwechselgeschwindigkeit. Er regt die Insulinsekretion in der Bauchspeicheldrüse an. So bekommen die sonst für Kampf oder Flucht benötigten Zellen weniger „Brennstoff“, der jetzt – wie weiter unten ausgeführt – vermehrt den Verdauungs-, Ausscheidungs- und Regenerationsprozessen zur Verfügung gestellt wird. (→ Symptome: Müdigkeit / Schläfrigkeit / Mattigkeit / Erschöpfung; erhöhte Insulinwerte und erniedrigte Blutzuckerwerte / Hypoglykämie; zuwenig Schilddrüsenhormone im Blut / indirekt funktionelle Hypothyreose…)
  • Verengt die Pupillen (→ Symptom: Kleinwirkende Augen durch enge Pupillenöffnung / Miosis), stellt die Augen auf Nahsicht scharf (→ Symptom: Kurzsichtigkeit / Myopie), aktiviert die Tränendrüsen (Weinen entspannt, ist quasi „Loslassen“ von innerer Spannung über die Augen / → Symptome: Häufig feuchte Augen, Augentränen)
  • Verlangsamt die Herztätigkeit, verengt die Herzkranzgefäße, reduziert den Blutdruck im Gefäßsystem und die Kreislaufgeschwindigkeit sinkt (→ Symptome: Langsamer, schwacher, teils schlecht tastbarer Puls, zu niedriger Blutdruck / Hypotonie, Herzbeschwerden nach Belastungen, Herzschwäche…)
  • Dadurch verringert sich auch die Durchblutung der Skelettmuskeln (→ Symptome: Kalte Hände / Füße bzw. kalte Gliedmaßen). Ebenso wird die Gehirndurchblutung reduziert (→ Symptome: Mentale Müdigkeit, Konzentration erschwert bis unmöglich, Benommenheit, Schwindel, Kreislaufstörungen, Kreislaufschwäche, Kollaps…)
  • Verengt die Bronchien (deren Muskeln ziehen sich zusammen / → Symptome: Atemnot durch verengte Bronchien / Bronchospasmus / z.B. als endogenes, nicht allergisches Asthma nach starken Belastungsphasen), beruhigt und vertieft den Atem, mindert die Atemfrequenz und die Durchblutung der Lunge (→ Symptome: verminderte Sauerstoffsättigung im Blut; Kurzatmigkeit, beschleunigter Herzschlag, reduzierte Belastbarkeit, Müdigkeit, Verwirrung)
  • Der Parasympathikus stimuliert in der Anfangsphase der sexuellen Interaktion die Erektion, sprich den Bluteinstrom in die Genitalien bei Mann und Frau (ja, auch bei der Frau und zwar in die Schwellkörper in der Klitoris), in der Endphase übernimmt der Sympathikus.

Der Parasympathikus in der Ruhephase aktiviert alle Verdauungs- und Ausscheidungsorgane:

  • Er steigert beispielsweise die Speichelsekretion (→ Symptome: Reichlich flüssiger Speichel, nächtlicher Speichelfluss).
  • Er verstärkt die Magen- und Darmbewegungen und den dortigen Muskeltonus (→ Symptome: Spannungen und Druckempfindungen, Völlegefühl, krampfartige Schmerzen, Reizmagen / funktionelle Dyspepsie, Bauchschmerzen / Bauchkrämpfe, Reizdarm, Gallenkolik…).
  • Er steigert die Ausschüttung von Verdauungssäften im Magen (→ Symptome: Magenbrennen, Sodbrennen, Reizmagen), Bauchspeicheldrüse, Leber / Gallenblase und Dünndarm.
  • Er aktiviert den Dickdarm, wobei er die Flüssigkeitssekretion aus der Darmwand ins Innere des Darms anregt, die Muskelkontraktionen erhöht (→ Symptome: dünner Stuhl, Durchfall, Darmkrämpfe z.B. bei Stuhlgang…) und den After-Schließmuskel entspannt (→ Symptom: Stuhl-Inkontinenz).
  • Er aktiviert die Muskelkontraktion im Harnleiter und in der Harnblase (→ Symptome: Spannung, Druck, Krampfschmerz, Reizblase / hyperaktive Blase, gehäufte Blasenentleerung…) und entspannt deren Schließmuskel (→ Symptome: kann den Urin nicht halten, Harntröpfeln, unfreiwilliger Harnabgang / Harn-Inkontinenz).

Entspannt & gemächlich – Der Vagotoniker

Einen tendenziell betulichen, gemächlichen, langsamen und schlaffen Typen nennt man auch Vagotoniker
Die gemächliche Reaktion des Parasympathikus bzw. Vagus lässt uns entspannen, abschalten und loslassen. In seiner Übersteuerung fühlen wir uns jedoch desinteressiert, müde, matt, antriebslos und erschöpft, sind morgens im „Morgentief“ und kommen nicht richtig in die Gänge. Unser Schlafbedürfnis ist erhöht. Wir haben tendenziell trockene Haut, niederen Blutdruck, öfters kalte Hände und Füße und Verkrampfungen, z.B. in Form von Nackenschmerzen und/oder Spannungskopfschmerzen. Konzentrationsstörungen oder Schwindel treten auch öfters mal auf, da mit dem zu geringen Blutdruck (Hypotonie) zuwenig Sauerstoff ins Gehirn gelangt. Auch gelegentliche plötzliche Schwindel- und Schwächeanfälle oder gar Kreislaufzusammenbrüche (Kreislaufkollaps, Synkope), teils mit kurz anhaltender Bewusstlosigkeit können auftreten.

Einen Menschen, dem dies immer wieder geschieht, nennt man Parasympathikotoniker bzw. Vagotoniker (nach dem Nerv Vagus, welcher den Hauptanteil des Parasympathikus ausmacht). Hier dominiert der Vagus bzw. der Parasympathikus mehr oder weniger über den Sympathikus. Er hat tendenziell eher langsame Reaktionen und Reflexe, wirkt gemächlich und entspannt bis schlaff und lahmarschig.

Nix geht mehr: „Ich hab´ Burnout!“ – Parasympathisches Extrem

Der Endzustand des Burn out, der totalen Erschöpfung, Verausgabung und Depression, ist beispielsweise so ein stark überzogener parasympathischer Extremfall. Diesem ging eine anhaltend starke Übersteuerung des Sympathikus infolge zu lange übertriebener Aktivität, Reizüberflutung, Zielfixierung und Kraft-Verausgabung voran.

Die Erholungsphase dauert hier in der Regel ziemlich lange, je nach Intensität der Ausprägung des (vegetativen) Erschöpfungs-Syndroms, wie Burnout auch genannt wird. Mehrere Wochen mindestens, in der Regel einige Monate bis zu einem Jahr und manchmal länger! Hier ist dann wahrlich „Tiefenarbeit“ angesagt, um ein dereguliertes vegetatives Nervensystem wieder in die gesunde Regulation zu führen. Oder besser ausgedrückt: Den von sich selbst völlig entfremdeten Menschen wieder einigermaßen „zu sich selbst“ zu bringen! Und ganz modern gesprochen: Gute Work-Life-Balance! Na dann, viel Glück!

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3. Vegetatives Nervensystem im Bauch: Das „Darmhirn“

Nur kurz noch angerissen: Ein Sonderfall des vegetativen Nervensystems ist das sogenannte enterische Nervensystem (ENS / abgeleitet vom Altgriechischen enteron = Darm), das autonome Nervensystem des Darmtraktes, auch „Darmhirn“, „Bauchhirn“ oder Eingeweide-Nervensystem genannt.

Dieses unterliegt im Gegensatz zum Sympathikus und Parasympathikus noch weniger der übergeordneten Regulation durch das Zentralnervensystem bzw. des Hypothalamus im Gehirn. Was bedeutet, dass es relativ autonom wesentliche Darmfunktionen regelt, lediglich in den Grundfunktionen vom Sympathikus und Parasympathikus gebremst oder aktiviert wird.

100 Millionen Nervenzellen – Bauchhirn trumpft auf

Mit rund 100 Millionen Nervenzellen ist das Darmhirn die größte Nervenzellansammlung außerhalb des Gehirns! Wie unser vegetatives Nervensystem verfügt es ebenso über hemmende und aktivierende Anteile. Aufgabe des Darmnervensystems ist die Analyse der Nahrungsbestandteile und Flüssigkeiten (rund 30 Tonnen und 50.000 Liter im Leben!), Koordination der peristaltischen Darmbewegungen und der Verdauungsdrüsen, die Steuerung der Flüssigkeits- und Nährstoffaufnahme und äußerst wichtig, die Regulierung des darmassoziierten Abwehrsystems, welches mit einem Anteil von über 70% aller körpereigenen Immunkräfte hier lokalisiert ist! Die Darmwand ist somit die wichtigste Abwehrbarriere im Organismus, an der die Immunzellen lernen, „Gut“ von „Böse“ bzw. Freund von Feind zu unterscheiden.

Ständiges Sendungs-„Bewusstsein“ Richtung Oberstübchen

Der Begriff „Bauchhirn“ kommt nicht von ungefähr. Es „denkt“ weitgehend selbstständig und unabhängig vom Oberstübchen und sendet wesentlich mehr Informationen noch oben ins Gehirn als vom Kopfhirn hinunter zum Bauchhirn gelangen. Diese nach oben zum Gehirn steigenden Informationen haben einen wesentlichen Einfluss auf unsere Denk- und Fühlebene und somit auf unser gesamtes Wohlbefinden! Im Darmhirn werden massenhaft psychoaktive, auf die mentale und emotionale Wahr-Nehmung einwirkende Substanzen produziert, wie etwa 97% des gesamten körpereigenen Serotonins („Gelassenheitshormon“) sowie Dopamin („Glückshormon“) oder Opiate (Endorphine: Verleihen „Flügel“ und stillen Schmerz) etc. Hier bekommt auch der Ausdruck Bauchgefühle oder Bauchstimme einen sinnhaften Bezug, nämlich den zur Intuition und der Entscheidung aus dem Bauch heraus unter Umgehung der dominanten, ewig plappernden und besserwisserischen Verstandesstimme.

Hierzu vielleicht später noch mehr…

Danke für deine Aufmerksamkeit!


©2011, aktualisiert 19.10.25 • Heilpraktiker Dieter Wolf • Infos zu integrativer Medizin, Psychologie, Psychosomatik (Mind-Body-Medizin), Komplementär- / Alternativmedizin (z.B. Klassische Homöopathie), Achtsamkeit, Meditation, Philosophie, Spiritualität / „Ein Kurs in Wundern“, Soziologie, Gesellschaftskritisches und mehr…